Politik

Nein zu Rheintram "Vaporetti" in Basel

Die Idee des Rheintrams ist wieder in die politische Agenda eingeführt. Diese Passagierschiffe sollen auf dem Rhein in einem tram-ähnlicherTakt zwischen Village-Neuf bzw. Hüningen, Weil, Basel und Birsfelden bis 18 Anlegestellen bedienen. Aus Sicht des BLT-Direktors Andreas Büttiker ist dieses neue öffentliche Verkehrsmittel neben Tram und Bus nicht mehr als ein «Nice-to-have» (BaZ, 13.6.2022). Für die Schwimmerinnen und Schwimmer sind solche Rhydrämmli furchterregend.

Vaporetti in Basel
(Bild: Symbolbild)

Eine Gefahr für Schwimmer

Ein tram-ähnlicher Betrieb auf dem Rhein bedingt einen dichten Fahrplan mit mehreren Schiffen. Denkbar wäre, dass zwei bis drei Schiffe rheinaufwärts und gleichviel flussabwärts fahren. Die Schiffe fahren eher schnell, drehen, legen an den Schiffanlegestellen (den Steigern) an oder ab. Die abwärtsfahrenden Rheintrams benötigen zum Landen viel Zeit, da sie nur mit dem Bug flussaufwärts an- und ablegen können. Jedes ufernahe Manöver ist mit einer grossen Gefahr für die Schwimmenden verbunden. Die Angst, überfahren zu werden oder in die Schraube zu kommen, schwimmt mit. Der erholsame Feierabendschwumm und der gesundheitsfördernde Volkssport Schwimmen wäre erheblich beeinträchtigt.

Eine bereits versenkte Idee neu aufgetischt

Im 2022 hat die Handelskammer beider Basel die Idee wieder (!) in die Politikagenda eingebracht (BaZ, 29. April 2022). Der LDP-Grossrat Michael Hug hat daraufhin einen entsprechenden Anzug «betreffend Wiederaufnahme der Planung eines Tram-Schiffsverkehrs ("Vaporetto") auf dem Rhein» lanciert. Die 20 MitunterzeichnerInnen stammen schwergewichtig aus bürgerlichen Lagern. Am 1. Juni hat der Grosse Rat den Anzug an die Regierung überwiesen. Ein Argument im Rat war «wir wollen fortschrittlich sein». (BaZ, 2. 6.) Nur die SP stellte sich gegen den Anzug. Grossrat Hug vergleicht die Wasserdrämmli mit den Vaporettis in Venedig. Der Vergleich hinkt: Im Canal Grande schwimmt niemand und der Kanal hat im Vergleich zum Rhein kaum eine Strömung. Die Basler Vaporettis sollen den Pendlern und den Touristen und den Schwimmenden (nach dem Abwärtsschwumm) als Verkehrsmittel dienen. Das alles tönt nach Grossstadtmodernität und mit dem Elektroantrieb auch umweltfreundlich. Die Sozialdemokraten berufen sich in ihrer Ablehnung auf die kantonale Studie aus dem Jahr 2016, die ein derartiges Vorhaben als nicht sinnvoll darlegte. Für die kommende Studie der Regierung ist nur die Idee des Elektrobetriebes, eventuell sogar eines Solarbetriebes, wirklich neu. Richtig im Anzug ist die Bemerkung, dass eine Umsetzung nicht nur an wirtschaftlichen Kriterien bemessen werden soll. Im Parlamentsvorstoss von Hug ist damit kaum die massiv verschlechterte Situation der Schwimmenden gemeint.

Der Regierungsrat anerkennt die Interessenkonflikte mit der Grossschifffahrt, den Fähren und den im Rhein Schwimmenden

Die BaZ schrieb am 26.03.2016, dass die Regierung das Projekt einer Linienschifffahrt auf dem Rhein versenkt hat. Eine in Auftrag gegebene Studie hat gezeigt, dass die Nachfrage nach Leistungen des öffentlichen Verkehrs in Basel (Tram, Bus, jetzt noch Schiff) gerade um 0,5 Promille ansteigen würde. Mit den hohen Investitionen von 140 bis 180 Millionen Franken und 93 Millionen Gesamteinnahmen (Betrachtung über die Amortisationszeit von 40 Jahren) resultiert ein jährlicher Verlust von ein bis zwei Millionen Franken. Die Passagiere wären mit Tram und Bus schneller. Der Regierungsrat anerkennt die Interessenkonflikte mit der Grossschifffahrt, den Fähren und den im Rhein Schwimmenden. Die Projektleiterin Linienschifffahrt beim Kanton, Julia Harms, schliesst: «Der Regierungsrat ist nicht bereit, das Projekt unter diesen Bedingungen weiterzuverfolgen.»

Das Rheinschwimmen ist Basler Volkssport

In der Regierung und Verwaltung dominiert eine positive Grundhaltung gegenüber den Schwimmerinnen und Schwimmern im Rhein. Der Kanton unterstützt das Schwimmen seit langem. Sicherheitsmassnahmen wie die Reihe roter Signalbojen im Kleinbasel, die die (insbesondere ungeübten und unaufmerksamen) Schwimmenden vom Schifffahrtsbereich zurückhalten soll, aber auch den Motorbootsfahrenden signalisiert, wo der Schwimmbereich beginnt. Die Signalbojen kommunizieren im Übrigen eine Richtlinie und symbolisieren kein Verbot! Andere Massnahmen positiver Art sind etwa die diversen Ein- und Ausstiegsmöglichkeiten, die Duschen, der Novartis-Strand mit solchen Anlagen und die Kiesaufschüttungen als Liegemöglichkeit. Immaterielle Unterstützungen sind das dienstägliche begleitete Rheinschwimmen des Sportamtes (in Kooperation mit der SLGR) und dessen KajakfahrerInnen, die die Schwimmenden vom Wasser aus beraten/betreuen. Der Volkssport Schwimmen im Rhein ist sehr beliebte und wird gefördert.

Der Rhein und seine Ufer sind unter Berücksichtigung der Personen- und Güterschifffahrt als Erlebnis-, Erholungs- und Naturräume zu stärken.

Derzeit hat das Tiefbauamt des Kantons eine Studie «Risiken Rhein» in Arbeit. Eine Auslegeordnung erschien im Dezember 2021. Darin wird eingangs aus dem «Kantonalen Richtplan» von 2019 ein Planungsgrundsatz zum Rhein zitiert: «Der Rhein und seine Ufer sind unter Berücksichtigung der Personen- und Güterschifffahrt als Erlebnis-, Erholungs- und Naturräume zu stärken.» (S. 50). Die beanspruchten Räume (Fahrflächen und Schwimmbereiche) sind gegeben. Der Rhein ist nicht vergrösserbar. Konflikte entstehen nicht bloss aus Fehlverhalten, sondern aus der Beanspruchung des gleichen Raumes durch Gross- und Kleinschiffe, Stand Up-Paddler und den Tausenden von Schwimmenden. Im Handlungsfeld «Entschärfung der Konfliktsituationen mit Schwimmenden» (S. 4) sind unter den denkbaren Massnahmen der Liste auch die Aufhebung von gefährlichen Steigern (St. Alban, Solitude) bzw. deren Verschiebung ausserhalb der empfohlenen Schwimmbereiche, Anfahrverbote in der Schwimmsaison oder Anpassung der empfohlenen Schwimmzonen. Andere Überlegungen betreffen die Motorboote. Denkbare Massnahmen bezüglich der Schwimmenden gipfeln aber in der Idee des Einrichtens von offiziellen Schwimmzonen und ein generelles Verbot ausserhalb dieser Zonen zu schwimmen. Diese letzte Listenidee würde die bisherige Schwimmpolitik von Basel-Stadt vernichtend treffen.

Das Rheintram ist die schlechteste Antwort auf aktuelle Probleme

Das Rhydrämmli erhöht für die Schwimmenden die Konfliktsituationen an allen Stränden Basels, nur nicht im Bereich des Rheinhafens, denn nur dort gilt ein generelles Schwimmverbot! Mit der Stärke seiner Motoren kann das Wasserdrämmli, einmal in Verkehr gesetzt, die kommenden Massnahmen in der Schwimmpolitik dominieren. Denn noch mehr als im Strassenverkehr gilt in der Schifffahrtspolitik das Recht des stärkeren Motors. Es ist nicht möglich, die Volksgesundheit durch Schwimmen zu befürworten, zu fördern und handkehrum mit den Rhydrämmli die Schwimmerinnen und Schwimmer entweder in hohem Takt nach Fahrplan massiv zu gefährden oder sie zum Schwadern in definierte Kleinzonen zwischen den 18 Anlegestellen zurückzudrängen.

"CO2-neutral betrieben" - so what?

Die BaZ berichtet am 28. Juli 2022, dass sich ein solches Schiff CO2-neutral betreiben lässt. Als Quelle dieser Erkenntnis führt sie den Schiffsbauer, die SHIPTEC in Luzern, an. Die Beispiele sind ein elektrisch betriebenes Kursschiff auf dem Greifensee und die MS Bürgenstock, die im Stundentakt Luzern mit dem Bürgenstock verbindet. Dieses Hybrid betriebene Schiff fährt (nur) im Seebecken von Luzern elektrisch, sonst ist es dieselbetrieben. Aber Achtung: Wir Schwimmerinnen und Schwimmer dürfen uns nicht durch technische Neuerungen vom eigentlichen Problem ablenken lassen: Auch elektrisch betrieben wird uns das Rhydrämmli gefährden.

Basel, August 2022

Deshalb: Die IGR hofft, dass die Regierung zu demselben ablehnenden Entscheid der Vaporettis kommt wie schon in ihrem Bericht von 2016.


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