Eine Festschrift zum 125 Jahre Jubiläum des Rheinbades Breite 

Das Rheinbad Breite
als Teil der Basler Schwimmgeschichte

Bei jedem Schwumm dr Bach ab erlebt man Gefühle des leiblich-seelisch Gewaschenwerdens. Man fühlt sich erfrischt und hat das Gefühl, als sei das Rheinschwimmen gerade jetzt besonders angesagt und neu. Obwohl es sich so anfühlt, ist es das aber nicht. Zu Recht wurde das Schwimmen im Basler Rhein von der Eidgenossenschaft bereits vor Jahren in die Liste lebendiger Schweizer Traditionen aufgenommen. Immaterielle Kulturgüter sind wie Traditionen identitätsstiftend. Sie erzählen etwas über uns und unsere Geschichte – aber auch über unsere aktuelle Realität. 

Es lässt sich mit gutem Grund annehmen, dass Menschen schon seit langer Zeit hier im Rhein schwammen. Schwimmen ist eine alte Kulturtechnik. Berufsleute wie Fischer, Flösser und Schiffer mussten aus Sicherheitsgründen die Schwimmkunst beherrschen; über andere Flussanwohner lassen sich nur Vermutungen anstellen. Frühe Zeugnisse zum Schwimmen sind rar. 

Erst in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts baute die Gesellschaft zur Beförderung des Guten und Gemeinnützigen (GGG) ein Männerbad, die Schwimmschule, und ein Frauenbad unter der Pfalz. Diese Bäder bestanden bis 1961. In der Zeit der grossen Wasserverschmutzung und in der Zeit der blühenden Konkurrenz der Rheinbäder, gemeint sind die Gartenbäder Eglisee, St. Jakob und Bachgraben, befand man diese zwei Rheinbäder als alten Schrott und überflüssig.         

Die «Schwimmschule» (Männerbadanstalt) unter der Pfalz
Die «Schwimmschule» (Männerbadanstalt) unter der Pfalz (Bild: Staatsarchiv Basel) 
Das Frauenbadhysli unter der Pfalz auf einer alten Ansichtskarte

Ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wuchs die Bevölkerung Basels stark an. Neue Quartiere entstanden. Zusätzliche Bäder wurden notwendig. Der Kanton baute die zwei nächsten Rheinbadanstalten (wie es damals im Amtsdeutsch hiess) selber. Zuerst eröffnete die Stadt das St. Johannsbadhüsli im Jahr 1887 und dann das Breitebad im Jahr 1898. 

Baden und Schwimmen im Innern des Bades (vor 1929)
Baden und Schwimmen im Innern des Bades (vor 1929) (Bild: Staatsarchiv Basel)

Das Bad war sehr beliebt, wie das Bild des Bades mit dem Bassin zeigt. Offensichtlich war gerade Männertag, nicht Frauentag. Rheinabwärts kann der Wasserstand mit einem Hebeboden reguliert werden. Dieser Teil ist den Nichtschwimmern und der obere den Schwimmern vorbehalten. Die Schwimmsituation im Fluss war ruhig. Unter der Pfalz schien es, als durften die zwei Bäder nicht verlassen werden. Gebadet und geschwommen wurde in allen vier Bädern hauptsächlich im Inneren, den Bassins. 

Aber es gibt Zeugnisse, dass auch im offenen Rhein geschwommen wurde. 1909 wurde ein Wettschwimmen im Rhein veranstaltet! Schiffe fuhren damals nur bis zur Schifflände. Frachtschiffe bis in die Rheinhäfen St. Johann und Kleinhüningen. Allerdings war die Flösserei noch verbreitet. Wenn bis 180 zusammengebundene Baumstämme den Rhein herab trieben, so galt es für die Schwimmer:innen vorsichtig zu sein. Auch losgerissene Bäume konnten ein Risiko darstellen. 

Ein interessantes Zeugnis aus jener Zeit ist der Film «Flösserei zwischen Mumpf und Basel» in der WikiMumpf. Im Bild steuert das Floss auf die Wettsteinbrücke und das Münster zu. 


Bild: «Flösserei zwischen Mumpf und Basel» (Screenshot aus dem Film)

Die Bevölkerung der Stadt wuchs rasant und das Bad erfreute sich grosser Nachfrage. Im Jahr 1929 wurde das Bad vergrössert. Es wurde nun als Familienbad geführt. 

Zum Dreckwasser im Rhein: In den 50er und 60er Jahren sah man häufig Ölschlieren von den Schiffen auf der Wasseroberfläche. Die Schiffe sind die letzten 40 Jahre wesentlich sauberer geworden! Im Schwimmgebiet des Breitebades hat insbesondere die Kläranlage von Birsfelden und den daran angeschlossenen Gemeinden ab 1977 sehr viel zur Sauberkeit am oberen Grossbasler Ufer beigetragen. Die Aufmerksamkeit gilt seither vermehrt auch den Chemikalien in den Fliessgewässern. Reste und Abbauprodukte von Pestiziden, Kosmetikmitteln und auch Mikroplastik, Gummiabrieb von Autopneus u. v. a. sind nun aktuelle Themen. Da der Rhein grosse Teile der Schweiz entwässert, schwemmt er viele Tonnen solchen feinen Dreckes durch Basel. Ob er für die Rheinschwimmenden ein Gesundheitsrisiko darstellt, wird behördenseits verneint.

Die Schweizerische Lebensrettungs-Gesellschaft SLRG veranstaltete 1980 ihr erstes grosses Rheinschwimmen auf der Kleinbasler Seite. Damals eine Pioniertat! Rheinschwimmen wurde wieder populär, wenn auch von vielen noch mit Skepsis beurteilt. Trotzdem musste für die Erhaltung das Rheinbads gekämpft werden. Der Kanton wollte das Rheinbad Breite abreissen. Hilfe kam von der Christoph Merian Stiftung CMS. Sie und andere Grosssponsoren übernahmen 1994 die Renovation der rheinabwärtigen Hälfte des Bades. Die andere Hälfte riss der Kanton ab.

Das Bad war nun eine freundliche und helle Konstruktion. Es erlebte in den nächsten Jahren einen regen Zuspruch. Eine neue Vorstandscrew entwickelte eine Vorwärtsstrategie. Er liess die benutzbare Plattform verbreitern baute den Kiosk zu einem Restaurant aus und im Winter liess er eine Sauna betreiben. 

Abendstimmung im Restaurant des Rheinbadhüslis Breite
Abendstimmung im Restaurant des Rheinbadhüslis Breite (Bild: Le Rhin Bleu)

Das Freizeitverhalten hat sich seit dem ersten SLRG-Rheinschwimmen geändert. Man kann es mit dem Begriff Mediterranisierung zusammenfassen. Zum SLRG-Rheinschwimmen kommen Hunderte, wenn nicht Tausende. Es entwickelte sich eine typisch Basler Schwimmkultur. Schwimm-Freizeit muss nicht Leistungsschwimmen im Bassin sein. 

Der Theatermann John von Düffel beschreibt sie im Kern als Passiv-Schwimmen. Für die Passiv-Schwimmer:innen liegt der Sinn des Schwimmens nicht primär im Sport. Sie spüren und geniessen das Wasser und die Strömung; die Altstadtkulisse, das Ufer, die Promenade mit den Flanierenden, all den Freizeitleuten; sie wollen entspannen, träumen und schwatzen. Das Basler Schwimmen ist eine gesellschaftliche Sache. Die Rheinlandschaft als Teil des innerstädtischen Raums ist in Basel wieder prominenter Freizeitort der Städter:innen geworden. Nicht nur an der Rheinpromenade spazieren und mit dem Schwimmsack hinaufgehen, sondern für die Schwimmer:innen am und im Wasser gilt Schwimmen-Schauen-Schwatzen. 

Das typische Basler Schwimmen mit dem Wickelfisch
Das typische Basler Schwimmen mit dem Wickelfisch (Bild: Wickelfisch AG)

Der Kanton hat zusammen mit Privaten den Wert des öffentlichen Raums für die Freizeitgestaltung der Bevölkerung gefördert. Die Akteure fördern die vermehrte Neigung zum Aufenthalt im Freien mit dem Rheinbad Breite und anderen Einrichtungen bzw. Massnahmen. Am oberen Ende der Schwimmzone im Kleinbasel führt das Tinguely-Museum mehr Leute in die Solitude und auf die Promenade; das Musikfloss vor den Gastrobetrieben oberhalb der mittleren Brücke und diverse Buvetten beleben die Promenade; sie alle können als flankierende Institutionen zum Rheinschwimmen gesehen werden: In Basel hat sich ein breiter Freizeitraum entwickelt. 

Das Rheinbad Breite war an sonnigen Tagen seit etwa den letzten 10 Jahren überfüllt. Die Mediterranisierung brachte mehr Gäste. Der Verein Rheinbad Breite und der Kanton entwickelten das Projekt «Vorwärts zur alten Grösse». Das 1994 verkleinerte Bad soll in der gleichen Architektur auf seine ursprüngliche Grösse aufgebaut werden. Jetzt im 2023 kann die Erweiterung eingeweiht werden. Er hält sich an die alten Bauprinzipien: Die metallenen Stützpfeiler und die Eisenkonstruktion tragen das Holzgebäude. Im Neubau befinden sich eine Sauna, zusätzliche Garderoben und Nasszellen. Das Restaurant bleibt in der alten Grösse.  

Ab dem August 2023 steht der Neubau mit grosszügigen Liegeflächen und der notwendigen Infrastruktur allen Freizeitler:innen zur Verfügung. 

Die reich bebilderte Broschüre kostet inkl. Porto SFr 17.50 und wird mit Einzahlungsschein zugesandt.