«Vorsicht Schwimmende.» Man darf den Schwimmenden nicht zu nahe kommen. 

Bootsfahrlehrer Tim Schneider im Interview

IG-Rheinschwimmen: Du bist Fahrlehrer. Erzähl uns, wie Du dazu gekommen bist.

Tim Schneider: Ich bin Sohn des Bootsfahrlehrers Ruedi Schneider und bin ins Metier fast hineingeboren. Mit 14 habe ich den Segelausweis gemacht, danach war ich bald Segellehrer, habe den Hochseeausweis gemacht, um in internationalen Gewässern fahren zu dürfen. Mit 18 habe ich die Fahrprüfung für Motorboote gemacht. Seit einigen Jahren bin ich auch Bootsfahrlehrer und zur Zeit mache ich das hauptberuflich. 

Du fährst auch selber Motorboot. Was reizt Dich daran? 

Ich fahre selber nicht so viel Motorboot. Zum Vergnügen herumfahren – das mach’ ich mehr mit dem Segelboot. Wenn ich das Motorboot nehme, dann zum Wasserskifahren. Es hat also immer einen Zweck für mich. Wasserski fahren wir oberhalb des Kraftwerkes Birsfelden. 

Es gibt keine Geschwindigkeitslimite; es gibt nur die Regel, dass den Umständen entsprechend die Geschwindigkeit angepasst werden muss. 

Gibt es Geschwindigkeitsbegrenzungen für die Kleinboote im Rhein oder andere Hemmnisse für hohe Geschwindigkeiten? (Gesetzliche Vorschriften? Zeitliche Regeln?)

Nein, es gibt keine Limite; es gibt nur die Regel, dass den Umständen entsprechend die Geschwindigkeit angepasst werden muss. Wenn ich mit meinen Bootsschülern herumfahre, so gibt es kaum die Möglichkeit schnell zu fahren, weil wir Rücksicht nehmen müssen. Das betrifft in Basel zuerst die fünf Fähren, denen aus Sicherheitsgründen keine Wellen gemacht werden dürfen. Vor Jahren gab es einen Unfall, als eine Passagierin vom Steg auf die Fähre steigen wollte und im Zwischenraum zur pendelnden Fähre den Fuss einklemmte. Alle Bootsfahrschulen in Basel wissen, dass man vor den Fähren vom Gas runterkommen muss. Die Rheinpolizei hat dies so kommuniziert. 

Ein besonderer Fall sind die Wasserskifahrer. Für sie gilt die Regel nicht über 40km/h zu fahren. Gemessen wird die Geschwindigkeit übrigens nicht zum Boden, sondern zum Strom.

Unsere Ausbildung findet schwergewichtig im Schleusenvorhafen statt, da kommen wir niemandem gross in die Quere. Nur ein kleiner Teil ist in fliessenden Gewässern, da handelt es sich um das seitliche Anlegen und die Buglandung.

Seitliches Anlegen findet am Landungssteg beim Dalbeloch statt? 

Ja, genau dort und am Rochesteg bei der Solitude. Aber an heissen guten Schwimmtagen kommen wir dort gar nicht ans Land, wenn Massen von Schwimmern kommen. Wir weichen dann gerne an den Dalbesteg aus. 

Den Polizeisteg im Klingental fahren wir auch an. Das ist für die Schüler:innen wichtig, denn dort holen wir die Prüfungsexperten ab. Auch dort müssen die Landungsübungen an heissen Tagen abgebrochen werden, da die vielen Schwimmende gefährdet sind. Nach ein Paar Tröpfli Regen sieht man fast niemanden mehr im Rhein schwimmen.

Ich sage den Schülern immer, dass sie wie ein Radar den Fluss überschauen müssen. Beim Ablegen müssen sie auch rückwärts schauen. Zumindest 100 Meter sollte man überschauen können als Fahrer.  

Wie nimmst Du die Schwimmer:innen wahr? Sind sie Dir in erster Linie ein Hindernis?

Es ist wichtig, dass man das sehr seriös nimmt, denn wenn man eine schwimmende Person verletzt oder überfährt, ist das gravierend und auch für den Bootsfahrer prägend für das ganze Leben. Das ist wie, wenn man jemanden mit dem Auto überfährt. Leider ist man sich dieser Gefahr im Alltag nicht so bewusst und das muss man den Schülern klar machen. Wir wiederholen im Unterricht immer: «Vorsicht Schwimmende.» Man darf den Schwimmenden nicht zu nahe kommen. Und falls es trotzdem irgend mal sein sollte, so ist das Wichtigste, die drehende Schiffsschraube abzustellen: Den Gang herausnehmen und abstellen. Übrigens ist dies beim Wasserskifahren genau gleich: Auch dort wird in Nähe zu Personen im Wasser der Gang herausgenommen, damit keine Gefahr durch die drehende Schiffschraube besteht. 

Weiter zu den Wasserskifahrern. Sie machen den Schwimmenden häufig sehr Angst. Sie erscheinen unberechenbar, weil sie schnell sind und links und rechts ausschwenken. Kannst Du sagen, wie gross diese Ausschwenkung etwa ist?

Das sind etwa 20 Meter auf jede Seite. Man muss immer einen gewissen Sicherheitsabstand haben, denn auf dem Rhein ist alles ziemlich eng gepackt. 

Was unternimmst Du, damit Du die Schwimmenden im Rhein frühzeitig siehst und sie nicht gefährdest?

In diesem fliessenden Gewässer begegnen wir den Schwimmenden meist beim seitlichen Anlegen. Wenn wir am Kleinbaslerufer eine Anlegeübung machen, so fahren wir (das ist so vorgegeben) den kürzesten Weg an den Landungssteg und wieder weg. Grundsatz ist, sich nicht unnötig in der Schwimmzone aufzuhalten.

Ich habe auch schon viele Fälle erlebt, wo ich Schwimmende ausserhalb der empfohlenen Schwimmzone angetroffen habe. Insbesondere beim Queren des Rheins ist grosse Umsicht geboten. 

Viele Schwimmende haben Schwimmsäcke dabei. Bei den Anlegemanövern stehen wir im Boot, schauen flussaufwärts nach vorne in die Richtung der Schwimmenden und sehen die Schwimmenden gut. Ich sage den Schülern immer, dass sie wie ein Radar den Fluss überschauen müssen. Beim Ablegen müssen sie auch rückwärts schauen (wegen anderen Schiffen/NL). Zumindest 100 Meter sollte man überschauen als Fahrer.  

Und wenn Du flussabwärts fährst und Dich am späten Nachmittag die Sonne blendet?

Wir fahren nie in die Sonne hinein, wir fahren dann zickzack. Würde man direkt in die Sonne fahren, so könnte man die Leute im Wasser nicht sehen, das ist unmöglich. So sind schon viele Unfälle passiert. Auch mit einer Sonnenbrille würde man nichts sehen. Zickzack fahren ist auch in der Flussmitte notwendig, weil es immer wieder Kandidaten gibt, die dort schwimmen. Durch die Krümmung des Rheins in Basel gibt es immer Abschnitte, in denen die Sonne bei tiefem Stand blendet. Um Zickzack zu fahren muss man etwa 10 Prozent vom direkten Kurs abweichen.

Was können die Schwimmenden tun, um besser gesehen zu werden?

Sicher mal mit auffälligen Schwimmfischen schwimmen. Sollte sich trotzdem ein Boot einer schwimmenden Person nähern (Rheinneulinge?/NL), so sollen sie sich möglichst aufmerksam benehmen: Strampeln, Spritzen, Schreien, Winken. Das Wichtigste ist, sie sollen in den Schwimmzonen bleiben. 

Aber schwimmen darf man überall!

Ja, das schon. Die Schwimmenden sollen in den Schwimmzonen bleiben und wenn wir dort fahren müssen, ist höchste Alarmbereitschafft.

Hast Du schon gefährliche Situationen mit Schwimmenden erlebt? 

Nein, das nicht.

Wenn ich mich mit dem Boot vor der Uferzone warte und die schwimmende Person dies sieht, so soll sie nicht in Richtung Flussmitte schwimmen, sondern zwischen Ufer und Boot durchschwimmen. 

Schwimmende haben Angst vor Motorbooten. Sie sind schnell, stark, Kommunikation ist schwierig. Wenn ein Motorboot direkt auf mich zufährt, kann der Fahrer im Boot fuchteln, aber durch die Spiegelung durch die Kabinenscheibe sehe ich dies nicht.

Auf was die Schwimmenden sehr gut schauen können, ist wie sich das Schiff verhält. Auch unter Schiffen muss man immer sehr klar anzeigen, wie man sich kreuzt. Wenn sich etwa zwei Boote backbord–backbord (links–links/NL) kreuzen, so soll man übertrieben nach Steuerbord (Anm. IGR: rechts) lenken. 

Kreuzt ein Boot mit Schwimmenden, so sollen diese genau darauf achten, wie sich da Boot bewegt. 

Wenn ich mich mit dem Boot vor der Uferzone warte und die schwimmende Person dies sieht, so soll sie nicht noch Richtung Flussmitte schwimmen, sondern zwischen Ufer und Boot durchschwimmen. 

Ich fühle mich dann sehr sicher, wenn ein mir entgegen fahrendes Motorboot deutlich abwinkelt, dann weiss ich, der hat mich gesehen. Das ist das Wichtigste.

Genau.

Aber Gesten wie Winken sind oft etwas unklar. Wenn der Fahrer Richtung Flussmitte zeigt, was heisst das? Soll ich in diese Richtung schwimmen oder fährt er in diese Richtung. Es gibt hier keine klare Kommunikation.

Wenn ich anlegen will und ein Schwimmer kommt, so warte ich mit dem Boot, steige ich aus der Kabine und weise mit klaren Hand-Armbewegungen auf den Schwimmweg hin. So verstehen mich die Schwimmenden immer.

Zum Sicherheitsabstand Motorboot – Schwimmer:in. Die schwimmende Person möchte subjektiv einen grösseren Abstand als der Bootsfahrer aus seiner Sicht wünscht. Schwimmende sind im Wasser, sehen von dort aus die Distanzen schlechter. Beim Motorboot ist der Fahrer weiter oberhalb der Wasseroberfläche und hat einen Blick über das Wasser, einen besseren Überblick. Kannst Du das nachvollziehen? Hast du auch Erfahrung in diesem Punkt, vielleicht auch, dass die Schwimmenden falsch reagieren?

Ich habe das noch nie selber erlebt, auch nicht als Schwimmer. Es kommt auch auf die Situation an. Wenn ich draussen warte, so kann man ohne weiteres 10 Meter an mir vorbeischwimmen. Wenn ich Gas gebe und fahre, so würde ich niemals 10 Meter neben einer schwimmenden Person vorbeifahren. Ich würde viel mehr Abstand halten. 

Sehr wichtig ist, was Du gesagt hast, die Schwimmenden sollen strampeln & spritzen. Fontänen sehen alle Bootsfahrer, dann muss er abwinkeln. Hast Du schon mit Polarisationsbrillen das Fahren probiert? 

Nein, selber noch nicht. Ich bin selber nicht ein Sonnenbrillenträger. Ich bin bis jetzt mit den Schwimmenden nicht in grosse Konflikte geraten. Dasselbe sagen auch mein Vater und mein Onkel; sie haben schon eine lange Erfahrung mit Bootfahren und mit den Schwimmenden.

Ein schönes Schlusswort. Besten Dank Tim Schneider für das Gespräch.